„Funke der Erinnerung“

4. jährlicher Gedenktag für in flensburger Hexenprozessen Verurteilte
aus der Reihe ‚Aufrecht wider Unrecht’  am 30. April 2020

 

Seitdem die min. 32 in Flensburger Hexenprozessen Verurteilten am 30.April 2017 durch die Pröbstin des Evang.-Luth. Kirchenkreises Schleswig-Flensburg, Carmen Rahlf, rehabilitiert wurden, wird in jährlichen Erinnerungsveranstaltungen der zu Unrecht verurteilten Frauen und Männern gedacht.
Doch wie bereits in den vergangenen Jahren greifen wir in darüber hinaus aktuelles Geschehen auf, um von Verfolgung bedrohte Minderheiten, Hilfe- und Schutzbedürftige Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Der diesjährige Gedenktag ‚Aufrecht wider Unrecht‘ steht diesmal unter dem Eindruck der Corona-Krise mit Einschnitten in unser Alltagsleben, die noch vor wenigen Wochen undenkbar waren und uns vor neue Herausforderungen an soziales Miteinander, an Solidarität und Mitmenschlichkeit stellt.

Trotz des Veranstaltungsverbots möchten wir auch dieses Jahr nicht auf eine Erinnerungsaktion verzichten und haben daher als Alternative zu einer Veranstaltung vor der Marienkirche einen Erinnerungsort mit der Frauenskulptur Lilith eingerichtet, die uns als tragbare Stellvertreter-Figur durch die jährlichen Gedenkveranstaltungen begleitet. Diese wird ab Samstag, den 25. April über den 30. April hinaus bis Anfang Mai 2020 an der Nordseite der St. Marien Kirche an der Ecke Kompaniestraße/Norderstraße zu finden sein.

Viele Einzelheiten zu dem Thema haben Elke Mark und Hanna Kalkutschke
rechercheirt und in der Schriftrolle „Toverie und Zauberei- Hexenwahn in Flensburg“ publiziert. Diese enthält eine künstlerische Aufbereitung der Prozesse in Flensburg sowie der übergeordneten Zusammenhänge der Epoche und Region.

Mit der Aktion wird eine Brücke zu aktuellen Debatten geschaffen. Die damalige Sündenbocksuche ging aus einer Zeit mit Klimawandel, der sog. „Kleinen Eiszeit“ hervor, in welcher Verantwortliche für lange Kälte- und Dürreperioden, Pest-Epidemien und weitere Krisen der frühen Neuzeit gesucht wurden. Im Rahmen des Gedenkens zum Jahrestag ‚Aufrecht wider Unrecht‘ kann Erinnern und Innehalten als Impuls für ein Umdenken verstanden werden, das die Bedeutung einer solidarischen Haltung in der gegenwärtigen Krisensituation hervorhebt.

Einzelpersonen, Paare und Familien sind eingeladen, auf dem letzten Weg der Verurteilten vom Ort der Urteilsverkündung auf dem ehemaligen Thing-Platz (heutiges Landestheater) zum damaligen Richtplatz (heute Neustadt) zu wandeln. An der Marienkirche können sie bei Lilith sowohl der damaligen Opfer als auch heutiger Leidtragender gedenken. Gerne dürfen Blumen oder eine Kerze als sichtbares Zeichen der Verbundenheit und der Zuversicht zurückgelassen werden. Der Skulptur darf gern nahegekommen werden, zu anderen Menschen bitte den erforderlichen Mindestabstand einhalten.

Bis zur Klärung unseres seit Jahren unbeantwortet gebliebenen Antrags auf eine offiziellen Rehabilitierung der in Flensburger Hexenprozessen Verurteilten durch den Rat der Stadt wird diese als „wandernder Erinnerungsort“ an verschiedenen öffentlichen Orten in der Stadt sichtbares Zeichen des Erinnerns sein. Nach der Zeit an der Marienkirche wird sie dann eine Zeit am Atelier Bunniesranch, ihrem Entstehungsort, am Mühlendamm gegenüber der Kulturwerkstatt Kühlhaus zu finden sein.